Revolution
von Viktor Martinowitsch
Deutsch von Thomas Weiler
Uraufführung 13/05/2022
Deutsches Schauspielhaus
Dauer: ca. drei Stunden, eine Pause.
Schon fünf Jahre vor der russischen Invasion der Ukraine phantasierte der belarussische Autor Viktor Martinowitsch in seinem comic-haften Moskau-Roman »Revolution« ganz realistisch über Allmacht. „Der Wille zur Macht ist das einzige rationale Prinzip, das das Chaos zu ordnen vermag“, erklärt dort der Vorsitzende einer staatstragenden Geheimgesellschaft mit Regierungsmacht.
Der junge Architektur-Dozent Michail German, Spezialist für Stalin-Bauten, wird in einen mysteriösen Autounfall verwickelt und gezwungen, umgehend eine größere Summe Geld aufzutreiben. Das ist der Anfang seiner Verbindung mit einer mafiösen Gruppe um einen greisen Paten, die alle staatlichen Organe zu kontrollieren scheint und in deren Arme Michail fast ohne Widerstand zu sinken scheint. Schnell lernt er die Schokoladenseite der Diktatur schätzen, auf der es sich gut leben lässt – wären da nicht diverse Einsätze, die äußerste Brutalität und Skrupellosigkeit erfordern. Das Geschehen nimmt gespenstisch Fahrt auf. Der Held und Ich-Erzähler verlässt seine Geliebte – die Adressatin des Romans, der die neuen Reichtümer unheimlich sind – und korrumpiert sich selbst final. Noch im Moment des größten möglichen Widerstands muss er sich als absolut vorhersehbar erkennen. Selten wurde die Frage nach der Manipulierbarkeit von Menschen so radikal und zeitgemäß gestellt. So handelt »Revolution« nicht von Revolution, eher vom Gegenteil: Dem Fortbestand und der Fortpflanzung von Macht.
Die stalinistische Vergangenheit, die Phantasie und der Horror allumfassender Macht, auch ihre literarische Spiegelung in Michail A. Bulgakows großartigem Roman »Der Meister und Margarita«, scheinen auferstanden und ragen in die Jetztzeit hinein. Zugleich ist alles maximal modern und zeitgemäß: Luxus-SUVs, Überwachungs- und Unterhaltungselektronik, Waffentechnik - im Roman wie in der Wirklichkeit der Tage.
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Fotos: Maris Eufinger
Regie und Bühne: Dušan David Pařízek Kostüme: Kamila Polívková Licht: Rebekka Dahnke Musik: Peter Fasching Dramaturgie: Ralf Fiedler
Pressestimmen
nachtkritik.de
„Ein zauberhaft magisches Spiel mit dem Teufel irgendwo zwischen Comic-Strip, Ego Shooter und Quentin Tarantino-Trash. […] Live-Musik machen die meisten Ensemblemitglieder auch noch, arrangiert von ihrem Schauspielkollegen Peter Fasching, der die Instrumente ähnlich schnell wechselt wie die Rollen. Er sorgt für den atmosphärischen Sound der Inszenierung irgendwo zwischen Elektroclub, Eurovisionpop, russischem Chanson und Opernparodie. […] Da liegen Moskau und Hamburg plötzlich doch wieder sehr nah beieinander. An einem extrem menschlichen Theaterabend.“
FAZ
„„Revolution“ ist die lustig verstörende Geschichte vom Willen zur Unterordnung unter die Macht. Die verwandelt Menschen in Schatten, wie Rebekka Dahnkes Lichtregie veranschaulicht, sie belohnt Hoevels Helden jedoch auch durch Videosuggestionen rasanter Autofahrten und Hochleistungssex. Auf Kommando des Paten sagt er sich von Olja los. Und selbst der Befreiungsschlag bringt ihm nur den endgültigen Rollentausch mit jenem. Applaus für einen hochinspirierten Theaterabend.“
NDR Hamburg Journal
„Rasante Rauschfahrt durchs Moskau der Nullerjahre. […] Groteske Oper und Fantasiespiel zugleich […] So komisch wie grausam sind Roman und das Stück, sie bringen Klarsicht in den Nebel von Machtstrukturen. Erschreckend aktuell.“
Landeszeitung Lüneburg
„Wie bei fast jedem Mafia-Film ist auch hier der allmächtige Chefschurke ein väterlich liebender und eiskalt strafender Gott. Ernst Stötzner spielt den greisen, weisen Paten süffisant bis selbstironisch als Natter, die aus der Ruhe blitzschnell zubeißt. Aber so ist das mit den Potentaten. Sie wirken wie Karikaturen, aber sie sind nicht zum Lachen. Ähnlichkeiten mit real existierenden Systemen und Personen sind nicht zufällig.“
NDR Kultur
„Das Ensemble begeistert. Daniel Hoevels wirft sich geradezu hinein in Michail. Er trägt den dreistündigen Abend mit einer unglaublichen Energie. Dass Dušan David Pařizek auf aktuelle Anspielungen verzichtet, das Publikum selbst denken lässt, ist ein weiterer Pluspunkt. Alles fügt sich gut bei dieser "Revolution". Am Ende viel Applaus - auch für den strahlenden Autor Viktor Martinowitsch.“
Hamburger Morgenpost
„Es ist ein bissiger und aktueller Kommentar zur Lage in manchen Ländern Osteuropas und natürlich besonders in Russland. […] Regisseur Dušan David Parizek entwickelt daraus spannendes und bisweilen sehr komisches Erzähltheater. Das gelingt mit einem fulminanten Ensemble um Hauptdarsteller Daniel Hoevels. „Revolution“ ist nie langweilig, hat manche Ecke und Kante, ist mal rau und schnodderig. Wie eine gute Freundschaft. Oder eben: Vollblut-Bühnenkunst.“
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