A conversation about ...


  • Pinocchio


    Eine Geschichte über das Erwachsenwerden

    Ein Gespräch mit Nico-Alexander Wilhelm

    Mit welchen Hoffnungen und Wünschen bist du nach deinem Schauspielstudium an der Zürcher Hochschule der Künste ins Ensemble des Jungen SchauSpielHauses nach Hamburg gekommen?

    Ich wollte unbedingt an ein Theater, an dem ich direkt viel spielen und mich weiter ausprobieren kann. Ein Theater, an dem die Menschen respektvoll und konstruktiv miteinander arbeiten, an dem es um das große Ganze geht. Ich wünsche mir, dass Theater das Publikum auf eine gute Art und Weise herausfordert und inspiriert, es soll zum Nachdenken anregen, berühren und unterhalten. Für mich spielt auch der musikalische Aspekt immer eine Rolle. Ich liebe es, wenn auf der Bühne gesungen und die Geschichte so auf einer anderen Ebene weitererzählt wird.
    Zugegeben, das sind ziemlich viele Wünsche auf einmal. Aber nach meinem Vorsprechen am Jungen SchauSpielHaus und meiner ersten Produktion mit einem tollen Team kann ich nur sagen: Manchmal hat man eben auch Glück.

    Du hast mit acht Jahren das erste Mal auf der Bühne gestanden, an der Staatsoper Stuttgart. Wie ist es dazu gekommen und hat sich dadurch etwas in deinem Leben verändert?

    Durch meine Eltern hatte ich schon sehr früh einen Bezug zum Theater. Beide sind bzw. waren vor allem im Musiktheater tätig und deshalb war der Geruch einer Probebühne oder neben Papa im Orchestergraben zu sitzen und sich drei Stunden „Die Schöne und das Biest“ anzuhören für mich tatsächlich vollkommen normal. Daher kann ich auch nicht sagen, dass sich für mich etwas verändert hat. Es war schließlich nie anders.

    Welche Rolle spielte deine Berührung mit Theater für junges Publikum für deine Entscheidung, Schauspieler zu werden?

    Der ausschlaggebende Punkt, „mein Hobby zum Beruf zu machen“, war letztlich meine Begegnung mit dem Jungen Ensemble Stuttgart (JES). Mit dem Stück „9 Leben“, das ursprünglich für eine Spielzeit geplant war, sind wir drei Jahre durch den deutschsprachigen Raum getourt und das in einer für mich sehr entscheidenden Lebensphase. Ich habe das junge Publikum immer als sehr ehrlich und direkt empfunden. Die Kinder haben sofort mitgefiebert, wenn wir neun Jungs im Alter von 11 bis 19 Jahren über die Bühne getanzt sind und die Erwachsenen haben sich durch die Kinder mitreißen lassen und das eine oder andere Tränchen verdrückt. Es war immer eine tolle Energie zu spüren, die ich in dieser Form selten von einem ausschließlich erwachsenen Publikum erlebt habe.

    Welchen Beruf hättest du vermutlich gewählt, wenn du nicht Schauspieler geworden wärst?

    Ich war immer schon sehr vielseitig interessiert, was mir die Entscheidung nicht gerade leicht gemacht hat. Die Schnittmenge war aber klar, es ging bei allem immer um Kreativität: Filmmusik fand ich spannend, aber auch Kamera, Filmschnitt, Tontechnik bzw. eine Ausbildung zum Tonmeister, weil man in dem Zuge auch ein Instrument studieren kann. Da ich seit meinem 6. Lebensjahr Klavier spiele, war das für mich lange eine Überlegung und eine Zeit lang wollte ich mich sogar für Jazzklavier bewerben.

    Zum Glück für uns ist es dann doch anders gekommen, sodass wir dich bereits als Nicholas in unserer Eröffnungsproduktion „Die Mitte der Welt“ erleben konnten – jetzt spielst du die Titelrolle in Barbara Bürks „Pinocchio“-Inszenierung. Hattest du vor Probenbeginn einen Bezug zu diesem Kinderbuchklassiker?

    Neben seiner langen Nase kannte ich bisher nur die Disney-Verfilmung. Es ist aber auch schon ein Weilchen her, dass ich sie gesehen habe. Was aber hängen geblieben ist, ist, dass es da nicht nur lustig, sondern auch sehr traurig und auch recht hart zugeht.

    Carlo Collodi hat „Pinocchio“ vor 140 Jahren geschrieben – warum ist diese Geschichte deiner Ansicht nach noch immer so beliebt? Woran können Kinder (und Erwachsene) heute noch anknüpfen?

    Es ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Obwohl Pinocchio eine Holzpuppe ist, verhält er sich wie ein Kind, das geprägt von Naivität und Neugier ganz viel ausprobiert und dabei auch zu sehr schmerzhaften Erfahrungen kommt. Diese machen ihn letztlich zu dem, was er sich sehnlichst wünscht: ein echter Mensch aus Fleisch und Blut zu sein. Im Großen und Ganzen ist es also eine Geschichte über das Leben, egal ob jung oder alt, und daher ist sie in ihren Grundzügen immer aktuell. Jede*r war mal ein Kind – manche sind es noch heute. Man lernt nie aus – und das ist doch schön!

    Das Gespräch führte die Dramaturgin Sonja Szillinsky.


  • Die Mitte der Welt


    „Der Mut und die Ausdauer gegen den Strom zu schwimmen.“

    Ein Gespräch mit Severin Mauchle

    Das ist dein erstes festes Engagement nach dem Schauspielstudium an der Zürcher Hochschule der Künste. Hast du dich bereits eingelebt?

    Das Ensemble hat mich von Beginn an mit offenen Armen empfangen. Ich nehme mich eigentlich bei neuen Begegnungen mit Menschen immer erst etwas zurück. Aber dadurch, dass wir vor den Theaterferien bereits drei Wochen miteinander geprobt haben, bin ich dem Ensemble (trotz Corona-Sicherheitsabstand) schnell nähergekommen. Aber Einleben ist für mich ein Prozess, der viel Zeit und Geduld braucht. Hamburg ist im Vergleich zu Zürich so viel größer. Im Sommer habe ich aber schon viele schöne Ecken entdeckt, wobei ich mich vor allem über alle Orte am Wasser sehr gefreut habe.

    Welche Erfahrungen haben dich dazu gebracht, Schauspieler zu werden?

    Bereits als kleiner Junge zogen mich Geschichten in ihren Bann. Wenn mein Vater mir keine Geschichten erzählte, saß ich stundenlang vor dem Kassettenrecorder und lauschte den Märchenstimmen. Meine Vorstellungskraft hatte keine Grenzen und so war das Theater für mich das Ventil mit meiner Phantasie körperlich umzugehen. Lange Zeit war mir nicht bewusst, dass man Schauspiel studieren kann – bis mich ein Freund darauf aufmerksam gemacht hat. Ein besonderes Gespräch mit ihm ist schuld daran, dass ich heute hier bin.

    Du hast während deines Studiums bereits in zwei Produktionen für Kinder mitgewirkt. Ist es anders für junges Publikum zu spielen?

    Theater für junges Publikum hat für mich viel mit Direktheit zu tun. Kinderund Jugendliche kommen nicht ins Theater, weil sie Regie-Handschriften oder eine spezielle Ästhetik interessieren. Es geht mehr um die Themen und Geschichten, die erzählt werden. Und darin liegt für mich der Reiz des Kinder-und Jugendtheaters. Hier kann man als Spieler*in direkte Denkanstöße weitergeben, die idealerweise auch noch außerhalb des Theatersaals weiter fruchten und die Leute prägen.

    In der Eröffnungsproduktion des Jungen SchauSpielHauses „Die Mitte der Welt“ spielst du gemeinsam mit Hermann Book die Hauptfigur der Geschichte, Phil. Wie kann man sich das vorstellen? Und was findest du spannend an dieser Aufgabe?

    In der Produktion spielt das „Erinnern“ eine bedeutende Rolle. Wir treffen anfangs auf einen erwachsenen Phil, der sich an seine Jugend zurückerinnert.
    Aus diesen Erinnerungen steigen die Figuren auf, die die Geschichte seiner Jugend mit ihm zusammen nacherzählen. Somit treffen der ältere Phil (Hermann) und der jüngere Phil (ich) aufeinander. Was mich daran reizt, ist die Verbindung zwischen den beiden Phils: Der erwachsene Phil blickt mit mehr Erfahrung auf die Ereignisse und weiß sie besser einzuschätzen, während der junge Phil blauäugig und offen durch sein Leben geht. Ein Zusammentreffen von Zukunft und Vergangenheit.

    Andreas Steinhöfels Bestsellerroman, der hier adaptiert wird, ist mehr als eine Coming-of-Age-Geschichte. Er handelt von der ersten Liebe, den ersten sexuellen Erfahrungen, aber auch von einer komplizierten Familiengeschichte – und vor allem vom Anderssein. Was steht für dich im Zentrum der Erzählung?

    Als ich dem Roman das erste Mal vor vier Jahren begegnet bin, habe ich mir sehr gewünscht, ich hätte ihn bereits in meiner Jugend für mich entdeckt. Der Roman beschreibt Personen, die anders sind, die nicht nach den Regeln der „kleinen Leute“ leben. Gerade als Jugendlicher hat man es echt schwer. Das ganze Leben steht Kopf. Viele Entscheidungen und neue Eindrücke sind zu verarbeiten. Auch Phil kämpft sich durch die Höhen und Tiefen seiner Jugend, bleibt aber standhaft und steht zu seinem Anderssein. Diese Stärke, der Mut und die Ausdauer gegen den Strom zu schwimmen, stehen für mich im Zentrum der Erzählung. Ein anderes sehr zentrales Thema ist die Liebe. Steinhöfel schafft es in seinem Roman, Liebe von den unterschiedlichsten Seiten zu beleuchten: Geschwisterliebe, Freundschaft, Beziehung, Leidenschaft, Schmerz. Wenn wir das Publikum mit unserer Inszenierung dazu motivieren können, mehr aufeinander zu achten, einander zu akzeptieren, wie man ist und offen und ehrlich miteinander umzugehen, dann werde ich jeden Abend sehr erfüllt von den Vorstellungen nach Hause fahren können!

    Das Gespräch führte die Dramaturgin Stanislava Jevic.


  • All das Schöne


    Es kann buchstäblich alles passieren

    Der britische Dramatiker Duncan Macmillan hat 2013 gemeinsam mit dem Schauspieler und Comedian Jonny Donahoe ein Stück entwickelt, in dem ein*e Schauspieler*in unter Einbeziehung des Publikums die Lebensgeschichte der Bühnenfigur erzählt. In diesem Interview, das die beiden 2015 mit dem US-amerikanischen Fernsehsender HBO geführt haben, berichten sie vom Entstehungsprozess ihres Stücks „All das Schöne“.

    Warum habt ihr euch dafür entschieden, das Publikum so stark in die Aufführungen von „All das Schöne“ einzubeziehen?

    Duncan Macmillan: Wir wollten eine Gesprächssituation erschaffen, bei der das Licht an bleibt. Alle sollten sich gegenseitig sehen und hören können, alle sollten gemeinsam lachen und weinen können. Der Begriff, den wir dafür benutzt haben, war der „Gestus“ des Stücks: Es ging uns darum, uns nicht vom Publikum zu trennen, sondern alles gemeinsam zu erleben.

    Jonny Donahoe: Mit dieser Setzung ist Duncan auf mich zugekommen. Diese Idee, völlig ehrlich und direkt mit dem Publikum umzugehen, ohne Grenzen oder Wände, ähnelt stark der Form, die ich vom Improvisieren und als Standup-Comedian gewöhnt bin.

    Wie war es für euch, sich für das Stück in Themen wie Depression und Suizid zu vertiefen?

    D. Macmillan: Es ist ein beängstigendes, düsteres Thema, das wir nicht sentimental gestalten wollten. Wir wollten stattdessen wirklich aufrichtig damit umgehen. Wir fanden es wichtig, etwas zu tun, das für britische Männer sehr ungewöhnlich ist, nämlich über Gefühle reden. Es sollte lustig sein und zugleich offen – es sollte das Publikum mit einbeziehen und die Leute nicht verschrecken.

    J. Donahoe: Aufgrund der Tatsache, dass unser Theaterraum rund ist, gibt es diesen bewegten Hintergrund aus Menschen, die reagieren, sich auf die Geschichte einlassen, die lachen und weinen. Deshalb haben wir immer darauf bestanden, dass der Raum rund sein muss – es geht nicht nur darum, Menschen aus dem Publikum sehen zu können, die in die Rolle des Vaters oder der Freundin schlüpfen, es geht auch darum, zu sehen, wie die anderen reagieren. Das ist der Punkt, an dem sich Form und Inhalt des Stücks treffen: Depression ist etwas, das uns alle angeht, ob direkt oder indirekt, und der einzige Weg damit umzugehen, ist, offen darüber zu reden.

    D. Macmillan: Es war uns immer wichtig, die Direktheit und den Spielcharakter zu betonen. Alles ist davon abhängig, welche Zuschauer*innen Jonny beim Betreten des Theaters aussucht, wie er mit ihnen spricht und ob es ihm gelingt, eine Atmosphäre zu erschaffen, in der sich die Menschen sicher fühlen. Es kann buchstäblich alles passieren – die Regeln sind so klar und zurückhaltend, dass jede Vorstellung ebenso wundervoll wie unvorhersehbar ist.

    Welche Rolle spielt Musik im Stück? Warum ist sie für das Erzählen der Geschichte so zentral?

    D. Macmillan: Musik ist ein wesentlicher Bestandteil. Musik ist etwas, auf das sich viele einigen können. Nur wenige Menschen würden sich doch „Move On Up” anhören und denken: „Ach nein, davon kriege ich keine gute Laune“. Von der Musik, die im Stück vorkommt, ist einiges unglaublich optimistisch, einiges ist herzzerreißend traurig. Die Musik war hilfreich, ein Gespür für die Beziehung von Vater und Sohn* zu bekommen und davon, wie sie miteinander kommunizieren.

    J. Donahoe: Und es geht im ganzen Stück auch darum, zu teilen. Der Vater hat die Musik, die ihm geholfen hat, mit seinem Sohn* geteilt und der Junge* teilt die Musik mit dem Publikum. Ich finde diese Durchdringung sehr schön.

    Was sollen die Zuschauer*innen mitnehmen?

    D. Macmillan: Da sind wir wieder bei dem Begriff, den wir immer benutzt haben: dem „Gestus“. Wir wollten das Stigma überwinden und über Gefühle sprechen.

     

    Auszug aus dem HBO-Interview: „Jonny Donahoe and Duncan Macmillan Talk Brilliant Things“, aus dem Englischen von Sonja Szillinsky.

    *In der Inszenierung am Jungen SchauSpielHaus wird die Figur zur Tochter.


  • Die sexuellen Neurosen unserer Eltern


    Die Angst vor Tabus überwinden

     

    Lukas Bärfuss, der Autor von „Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“, wurde dieses Jahr mit dem wichtigsten deutschen Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, ausgezeichnet. Am Jungen SchauSpielHaus steht das Stück erstmalig an einem Theater für junges Publikum auf dem Spielplan. Erzählt wird die Geschichte eines Mädchens mit geistiger Beeinträchtigung, dessen Sexualität erwacht. Schauspieler*innen der Inszenierung von Alexander Riemenschneider sprechen über ihre Figuren und das Stück: Marie Scharf und Hermann Book gehören zum Ensemble, Friederike Jaglitz spielt als Gast am Jungen SchauSpielHaus und ist Mitglied des inklusiven Hamburger Theaterensembles „Meine Damen und Herren“.

    Marie, du spielst die Hauptrolle, das Mädchen Dora. Was interessiert dich an deiner Figur?

    M. Scharf: Dora ist eine Figur, die einem als Schauspielerin nicht so häufig begegnet und die man insofern nicht so häufig spielen darf. Es ist wahnsinnig spannend, ihren Blick auf die Welt zu erkunden und herauszufinden, wie sie die Welt sieht und was sie mitbekommt, auch weil sie am Anfang noch unter Medikamenten steht. Man merkt, wie sie dann mehr und mehr aus sich herauskommt. Diesen Weg zu beschreiben, ist spannend. Sie erlebt die Pubertät in einer Art Beschleunigung. Dann stellt sich natürlich die Frage, wie man Dora darstellt. Wie bewegt sie sich? Wie spricht sie? Was ich toll an der Gesamtbesetzung finde, ist, dass alle Spieler*innen etwas darstellen, was erstmal vermeintlich weit von ihnen entfernt ist. In diesem Rahmen können wir uns alle frei fühlen, Dinge auszuprobieren.

    Warum findest du es wichtig, diese Geschichte zu erzählen?

    M. Scharf: Ich möchte das Thema „Behinderung“ aus dem gesellschaftlichen Abseits ein Stück mehr in die Öffentlichkeit holen. Gerade weil ich gemerkt habe, wie wenig Kontakt ich zu diesem Thema und zu Menschen mit Handicap bisher hatte und mir durch diese Arbeit klar wird, dass es dafür wenige Gründe gibt. Außerdem bietet das Stück viele verschiedene Perspektiven und stellt Fragen, die sich nicht leicht beantworten lassen. Man kann einerseits die Eltern von Dora in einigen Punkten verstehen, aber genauso Dora mit ihrem Recht auf Selbstbestimmung. Die Eltern wollen sie schützen, aber Dora möchte ihren eigenen Weg gehen dürfen. Deshalb ist es spannend, ein jugendliches und erwachsenes Publikum mit dieser Geschichte anzusprechen.

    Hermann, du spielst Doras Mutter. Wie ist es für dich, eine Frau zu spielen?

    H. Book: Das ist erstmal eine starke Setzung und schauspielerisch sofort reizvoll. Es gibt die Möglichkeit anders zu sein und anders zu spielen. In diesem Fall geht es um sehr ernsthafte Themen und ich möchte, dass es keine Karikatur wird, sondern eine wirkliche Mutterfigur entsteht, die Schwierigkeiten mit der Entwicklung ihrer Tochter hat. Im besten Fall vergessen die Zuschauer*innen dabei, dass da ein Mann eine Frau spielt.

    Was interessiert dich an dem Stück?

    H. Book: „Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ hört sich erstmal, glaube ich, für viele nach einem Titel an, der Angst machen könnte, weil er Tabus anspricht. So frei sind wir ja meist doch nicht, über Generationen hinweg mit unseren Kindern und/oder Eltern über Sexualität zu sprechen. Für mich geht es bei diesem Stück darum, dass wir versuchen, über tabuisierte Themen wie „erwachende Sexualität in der Pubertät“ und „Sexualität und Behinderung“ ins Gespräch zu kommen – und dabei unsere Ängste davor zu überwinden.

    Friederike, du spielst Doras Arzt. Was fasziniert dich an deiner Figur? Und wie findest du es, einen Mann zu spielen?

    F. Jaglitz: Ich finde den Arzt sehr spannend, weil er sehr geheimnisvoll ist und man nie weiß, auf welcher Seite er nun wirklich steht – auf der des Vaters, der Mutter, Doras oder ob er nur seine eigene Sache vertritt. Mir macht es besonders Spaß einen Mann zu spielen, weil ich mich auch privat seit einigen Jahren mehr und mehr als Mann fühle und ich Männer interessanter finde als Frauen.

    Warum findest du es wichtig, dieses Stück auf die Bühne zu bringen?

    F. Jaglitz: Für mich bietet das Stück auch die Möglichkeit, mit Jugendlichen zum Thema Schwangerschaft ins Gespräch zu kommen und darüber zu sprechen, dass Aufklärung sehr wichtig ist und die Entscheidung für ein Kind große Konsequenzen haben kann. Dora sagt an einer Stelle des Stücks, dass sie sich ein Kind wünscht. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat noch einmal ganz deutlich festgelegt, dass auch Menschen mit Handicap ein Recht auf Elternschaft haben. Es gibt erfolgreiche Modelle von „betreuter Elternschaft“. Wie siehst du das?

    F. Jaglitz: Ich finde es sehr wichtig, dass Menschen mit Handicap die Möglichkeit bekommen, Eltern zu werden, wenn sie es möchten. Aber auch Menschen mit Handicap müssen – wie alle anderen auch – sich ganz genau klarmachen, was das bedeutet. Es hängt auch vom Grad des Handicaps ab, ob sie es alleine schaffen können oder Hilfe brauchen. Ich persönlich könnte mir das nicht vorstellen. Aber Menschen mit Handicap sollten das möglichst alleine entscheiden dürfen.


    Das Gespräch führte die Dramaturgin Stanislava Jevic.


  • lauwarm


    Was erzähle ich warum?

    Ein Gespräch mit Sergej Gößner, dem Autor von „lauwarm

    Der Monolog hat autobiografische Züge – wie viele deiner eigenen Erfahrungen stecken in dem Stück?

    Der Text ist semibiografisch, weil er durch meine Jugend, mein Leben inspiriert ist. Nicht alles ist genauso passiert. Es ist ein bisschen so, als würde man Teile meines Lebens, meine Gedanken und Gefühle durch diverse Filter jagen. Ich bin die Vorlage, aber was man sieht und hört, bin nicht ich.

    Kostet es Überwindung über die eigene sexuelle Orientierung zu schreiben?

    Durchaus. Mittlerweile kann ich ganz gut darüber reden. Aber dann für die Bühne darüber zu schreiben – das war teilweise nicht leicht. Vor allem die Fragen „Was erzähle ich?“, „Was erzähle ich warum?“ und „Was erzähle ich wie?“. Zumal Sexualität ganz schlicht und plump daherkommen kann, aber zeitgleich und eigentlich ein so komplexes und unendliches Thema ist.

    Wie wichtig ist deiner Ansicht nach die sexuelle Findungsphase für die Ausprägung der eigenen Identität?

    Spreche ich über meine Sexualität, spreche ich über mich. Sicher bestehe ich nicht nur aus meinem Sexualtrieb, aber er gehört zu mir, zu meiner Persönlichkeit oder gestaltet, prägt sie mit. Es war ein anstrengender Prozess für mich, das so zu akzeptieren.

    Wenn du eine Zeitreise machen könntest, was würde dein erwachsenes Ich deinem heranwachsenden Ich wohl sagen?

    Wahrscheinlich viel zu viel. Und damit würde ich mein jüngeres Ich wohl heillos überfordern. Aber hätte ich nur ganz wenig Zeit oder nur drei Sätze zur Verfügung, würde ich wohl sowas sagen wie: Du wirst geliebt. Du bist toll. Trau dich.

    Die Beschäftigung mit der eigenen Bisexualität beschreibst du als eine Auseinandersetzung, die der Protagonist in erster Linie mit sich selbst ausmacht – welche Rolle spielen Familie und Freunde, welche Rolle spielt Öffentlichkeit in diesem Prozess?

    Eine Öffentlichkeit erreichte das bei mir nach und nach. Und nur sehr langsam. Bei mir war da einfach sehr viel Scham im Spiel. Später habe ich dann angefangen darüber zu reden und festgestellt wie gut das tut, wie befreiend das ist. Und auch, dass ich damit nicht alleine bin.

    Das Gespräch führte die Dramaturgin Sonja Szillinsky.


  • Gips oder Wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte


    Anna Woltz über „Gips oder Wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte“

    Ich bin Anna Woltz. Ich schreibe Bücher für Kinder und Jugendliche. Bislang habe ich 21 Bücher geschrieben und eins meiner Lieblingsthemen ist die Familie. Für ein Kind, das aufwächst, ist die Familie natürlich sehr bedeutend. Jeder ist eingebettet in ein Familienkonstrukt. Das kann sehr spannend sein, gleichzeitig aber auch schwierig. Deswegen gefällt mir das Thema.

    „Gips“ handelt von Fitz, einem 12-jährigen Mädchen und spielt eine Woche vor der Scheidung seiner Eltern. Sie ist wütend auf die Eltern und die ganze Welt. Dann hat ihre kleine Schwester einen Unfall und die ganze Familie kommt im Krankenhaus zusammen.

    Das Buch heißt „Gips“ aus zwei Gründen: Zum einen, weil es in einem Krankenhaus spielt und es dort zu einer lustigen Szene kommt, in der die Kinder Material stibitzen, um einen Gips herzustellen und ihren Arm einzugipsen. Zum anderen heißt es so, weil Fitz sich beim Anblick ihrer Eltern wünscht: „Ach, wenn ich doch die beiden für ein paar Wochen in Gips legen könnte, dann käme vielleicht alles wieder in Ordnung und ihre Ehe wäre geheilt.“

    Zu Anfang des Tages hat Fitz den Glauben an die Liebe verloren. Doch dann passieren viele Dinge: Sie trifft Adam und viele andere Charaktere. Und am Ende des Tages findet sie wieder den Mut, an die Liebe zu glauben und verliebt sich sogar selbst. Ich wollte eine Geschichte über das Suchen und Finden, von Hoffnung und Vertrauen schreiben. Aber gleichzeitig ist „Gips“ auch eine sehr humorvolle Geschichte. Fitz, die Protagonistin kann sehr schroff sein. Aber am Ende verliebt sie sich selbst und begreift, was Menschen dazu motiviert zu heiraten; weil sie das Vertrauen haben, dass ihre Liebe anhält.


  • Extrem laut und unglaublich nah


    Einen Roman über das Schweigen im Theater zu erzählen, ist eine große Herausforderung

    Dramaturg Volker Bürger im Gespräch mit Alexander Riemenschneider über "Extrem laut und unglaublich nah"

    Oskar hat eine recht eigenwillige Art der Trauerbewältigung, oder?

    A. Riemenschneider: Die Themen, mit denen er sich konfrontieren muss, sind universelle: die Erfahrung der eigenen Ohnmacht, dass wir nichts dagegen tun können, dass wir einen Menschen verloren haben. Besonders sind die Aufgaben, die er sich stellt, um mit dieser Ohnmacht fertig zu werden. Wie etwa alle Blacks in New York aufzusuchen. Oder dass er sich ununterbrochen die unmöglichsten Erfindungen ausdenkt, die uns Menschen beschützen könnten. Oskar ist sehr klug und kindlich zugleich. Er ist ein weiser Tor, eine Figur wie Parzival oder Don Quijote, die wider besseres Wissen Aussichtsloses unternimmt. Wie Oskar unsere Welt sieht, auf der Bühne erfahrbar zu machen, das reizt mich sehr. Diesen Roman über das Schweigen auf dem Theater zu machen, im Medium der Kommunikation, ist zugleich eine große Herausforderung. Foer schreibt einen der großen literarischen Reflexe auf das einschneidende Trauma des 11. Septembers.

    Warum beschreibt er dabei kaum die realen Geschehnisse um den Terroranschlag selbst?

    AR: Vielleicht weil er als Autor und wir als Leser sonst allzu schnell die Menschen nur als Opfer und Täter sehen würden. Der Roman handelt aber zuallererst von Menschen, ihren Gefühlen und ihrer Unfähigkeit, über diese Gefühle zu sprechen. Einmal kommt der Attentäter Atta vor. Oskar stellt sich vor, wie er ihm in die Augen blickt. Und selbst in diesem Moment kann ich Atta als Mensch begreifen. Die Terroranschläge von New York liegen bereits wieder 17 Jahre zurück.

    Was hat die Geschichte mit uns heute in Hamburg zu tun?

    AR: 17 Jahre nach 9/11 ist die Welt ja nicht befreiter von Angst. Bedrohungsszenarien aller Art haben sich in Amerikaner wie Europäer, in Staaten wie in Individuen eingeschrieben. In unserer Gegenwart davon zu erzählen, wie eine Familie ihre Angst überwinden kann, finde ich sehr wichtig. Dabei ist das ganz und gar keine perfekte Familie. Oskar wirft seiner Mutter vor, ihn nicht zu lieben. Er wirft ihr vor, dass sie sich nochmals verlieben kann. Der Großvater hat seine Frau verlassen. Aber irgendwie schafft es diese Familie, den großen Verwerfungen und Prüfungen, denen sie ausgesetzt ist, etwas entgegenzusetzen. Das tiefere Thema ist Familie. Die Liebe zwischen Kindern und Eltern.


  • Tiere im Hotel


    Bist Du wahnsinnig?

    Die Autorin und Regisseurin von „Tiere im Hotel“ Gertrud Pigor im Gespräch mit einer ihrer Figuren, dem Hotel-Pagen Bellhop.

     

    Gertrud Pigor: Bellhop, schön, dass du einen Moment Zeit hast!

    Bellhop: Nur kurz. Bin auf dem Sprung. Was gibt's?

    Gertrud Pigor: Du bist ja der Hotel-Page in unserem neuen Stück „Tiere im Hotel“. Wir fanden die Idee super, ein Hotel nur für Tiere auf die Bühne zu stellen.

    Bellhop: Ja. Super.

    Gertrud Pigor: Beim Schreiben ist mir aufgefallen, dass ich mich zwar mit Tieren ganz gut auskenne, aber zugeben muss, dass ich vom Hotelbetrieb kaum Ahnung habe …

    Bellhop: Das hab' ich gemerkt! Und wer muss es ausbaden? An meinem ersten Arbeitstag im Hotel soll ich Neuling gleich als Hoteldirektor einspringen, was hast du dir denn dabei gedacht?!

    Gertrud Pigor: Ich dachte, wenn es einer kann, dann du! Du warst immerhin Jahrgangsbester der Hotelfachoberschule.

    Bellhop: Aber als Page! Da lernt man, wie man siebzehn Koffer und einen kleinen Gruß aus der Küche formvollendet aufs Zimmer bringt, wie man die Abendgarderobe der Gäste aufbügelt, und man macht den Liftboy-Führerschein. Was man nicht lernt, ist, wie man eine wildgewordene Waschbärenbande im Zaum hält!

    Gertrud Pigor: Ach komm, die Waschbären sind doch ganz süß.

    Bellhop: Wenn du unter süß verstehst, dass sie das ganze Hotel auf den Kopf stellen, die Zimmer durchwühlen, die Futterautomaten plündern und den stellvertretenden Hoteldirektor ständig an seiner, also meiner, wichtigen Arbeit hindern, ok, dann sind sie sogar sehr süß.

    Gertrud Pigor: Naja, im Theater muss schon ein bisschen was passieren. Durcheinander, Verfolgungsjagden, sowas möchte das Publikum sehen …

    Bellhop: Aber doch nicht, wenn gleichzeitig ein ausgewachsener, übellauniger Grizzly für seinen Winterschlaf im Hotel absolute Ruhe einfordert! – Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn er aufwacht? Hast du sein Gebiss gesehen?

    Gertrud Pigor: Hilfe, daran hab' ich gar nicht gedacht! – Wie schnell kannst du laufen?

    Bellhop: Sehr schnell, wenn mich dieser Wanderfalke mit seinen bescheuerten Förster-Vorschriften nicht daran hindern würde. Den hättest du mir wirklich ersparen können.

    Gertrud Pigor: Aber der Falke soll dir doch bei der Aufklärung des hinterhältigen Diebstahls helfen!

    Bellhop: Was? Einen Diebstahl gibt es auch noch? Bist du wahnsinnig?

    Gertrud Pigor: Theater …

    Bellhop: Könnte ich wenigstens ein paar Superkräfte dazu bekommen? Bitte!

    Gertrud Pigor: Bellhop, jetzt bleib mal auf dem Teppich. Du bist ein Kaninchen!

     

    Foto: Sinje Hasheider


  • Antigone


    Wenn die Sterne vom Himmel fallen

    Ein Gespräch mit "Antigone" Regisseurin Anne Bader 

     
     

    „Antigone“ von Sophokles – ein Stück, das sicher die meisten Regisseur*innen gerne einmal inszenieren würden. Du wirst es mit dem Ensemble des Jungen SchauSpielHauses auf die Bühne bringen. Was ist für dich besonders reizvoll an diesem Stoff?

     

    Neben der Figur Antigone, die mich nun schon eine ganze Weile begleitet – weil sie ihrem Herzen folgt und meint, moralisch handeln zu müssen in einer Welt, die sie als herzlos und ungerecht empfindet – interessiert mich ebenso die vernunft-geleitete Gegenposition von Kreon. Beide haben innerhalb ihres Systems Recht. Mich mit beiden zu identifizieren, beide in ihren Haltungen und Handlungen zu verstehen und dennoch am Ende eine klare eigene Position einzunehmen reizt mich besonders an diesem Stoff. Neben diesen inhaltlichen Aspekten interessiert mich als Regisseurin, wie wir diesen Text auf der Bühne lebendig bekommen. Die Sprache bei den antiken Stoffen ist besonders, aber auch besonders herausfordernd: Wie können wir spielerisch und humorvoll damit umgehen, so dass sich unsere Zuschauer*innen voll und ganz in die Geschichte eintauchen? Und wie lässt sich eine Reibung zwischen der Sprache und den von uns gewählten Situationen auf der Bühne erzeugen?

    Antigone und Kreon sind Gegenspieler*innen im Stück. Ihre radikal entgegengesetzten Haltungen bestimmen die Handlung des Dramas. Wer von ihnen ist in deinen Augen der/die tragische Held*in und warum?

    Nach Goethe basiert alles Tragische auf einem unausweichlichen Gegensatz. Und da sind wir auch schon mittendrin: Zählt der Staat mehr (Kreon) oder das Individuum (Antigone)? Gilt es die politische Ordnung zu verteidigen (Kreon) oder sie zu hinterfragen (Antigone)? Kreon agiert rein nach seinem Verstand. Antigone lässt ihr Herz sprechen. Welches Verhalten ist nun das richtige? Eine Mischung aus beidem ist sicherlich das Beste und dennoch identifiziere ich mich klar mit Antigone. Sie ist unglaublich mutig: sie folgt ihren Überzeugungen und stellt ihre Werte über ihr Leben. Wer tut das schon?!

    Hast du manchmal Sorge, zu parteiisch zu werden?

    Nein, ich finde es sogar absolut wichtig sich zu überlegen, auf welcher Seite man steht. Wenn man immer diplomatisch wäre und nur wohl überlegte Entscheidungen träfe, dann würde das absoluten Stillstand bedeuten. Aber genau diesen Prozess auf der Bühne auszustellen ist ja das Reizvolle. Beide haben Recht und am Ende muss ich mich positionieren, weil meine Meinung wichtig ist und etwas bewegen kann.

    Ob bei Asylpolitik, Terrorprävention oder Kopftuch-Streit – der Konflikt zwischen Staat und Individuum, zwischen Gesetzen und individuellen Moralvorstellungen, zwischen Verstand und Gefühl ist auch im politischen Hier und Jetzt allzeit virulent. Wird eine direkte aktuelle Bezugnahme in deiner Inszenierung eine Rolle spielen?

    Nein, eine ganz aktuelle Bezugnahme interessiert mich nicht. Ich versuche auf der Bühne von einer Welt zu erzählen, wie wir sie gerne hätten. Dort können wir Bilder entwerfen und Atmosphären schaffen, in die man eintauchen kann. Weniger aber möchte ich von der Welt erzählen wie sie ist. Nicht die tagespolitischen Themen interessieren mich, sondern der Mensch mit seinen Stärken und Schwächen. Genau dieses überzeitliche Potenzial haben die antiken Dramen.

    „Wir müssen einsehen, dass wir Frauen sind, / Mit Männern uns zu messen nicht bestimmt“ – über solche Sätze stolpert man als Leser*in des 21. Jahrhunderts in Sophokles' Drama immer wieder. Was für Frauen sind das und wie willst du sie zeigen?

    Es sind Stereotypen, wenn man so will. Antigone, die mutige, politische, starke Frau, die sich vom Patriarchat nicht einschüchtern lässt. Dagegen Ismene, die brave Tochter, die keinen Ärger macht und leider auch keine eigene Meinung vertritt, außer die vorherrschende und eben solche gruseligen Sätze sagt, wie die, die deine Frage aufgreift. Dann gibt es noch die gebeutelte Mutter der vier Geschwister, Eurydike, die sich eher im Hintergrund bewegt, so wie es sich für eine „gute“ Ehefrau gehört. In meiner Inszenierung werden wir versuchen Frauenbilder zu entwerfen, die zwar konträr sind, jedoch nicht den gängigen Klischees entsprechen.

    Der Chor ist auch in „Antigone“ wie in den meisten antiken Dramen ständiger Begleiter des Geschehens. Er reflektiert, warnt und berät. Aber wer ist dieser Chor? Und wie wird er in deiner Inszenierung dargestellt werden?

    Das kann und will ich noch nicht sagen. Ein Chor ist ja immer ein äußerst abstraktes Zeichen. Er steht für die Gesellschaft und ihre mehrheitliche Gestimmtheit. Bevor ich mich wirklich festlege, welche Form der Chor bei uns tatsächlich haben wird, möchte ich erstmal Verschiedenes gedanklich durchspielen. Welche Spieler*innen könnten der Chor sein? Welche nicht? Kann sich der Chor vielleicht immer neu zusammensetzen? Kann eventuell das Publikum involviert werden? Oder ist der Chor vielleicht gar nur eine Person? All das sind Möglichkeiten.

    Antike Dramen sind relativ „ortlos“ – meist irgendein öffentlicher Platz vor dem Herrscherhaus – das schafft Deutungsfreiheit. Wohin hat euch diese Freiheit geführt? Welchen Raum habt ihr für „Antigone“ entworfen?

    Katrin Plötzky, meine Bühnenbildnerin, und ich haben viel über den familiären Kosmos und das Universum gesprochen, das einem in antiken Dramen eröffnet wird. Durch den Tod von Antigones Brüdern und dem ungerechten Umgang mit ihren sterblichen Überresten, bricht ihre Welt über ihr zusammen. Die Sterne fallen sinnbildlich vom Himmel. Es gibt keinen Halt mehr für sie. Wir haben also versucht uns dieses Gefühl vorzustellen, was man erlebt, wenn einem ein solches Erlebnis widerfährt. Für dieses Gefühl haben wir ein Bild gesucht. Anselm Kiefers Malerei hat uns dabei inspiriert. Wer das erleben möchte, muss unbedingt vorbeikommen!

    Das Gespräch führte die Dramaturgin Friederike Engel

    Foto: Sinje Hasheider


  • Demian


     

    Vor Probenbeginn haben wir den 1962 verstorbenen Autor Hermann Hesse und den Regisseur Moritz Beichl über einige der Themen "Demians" in ein fiktives Gespräch gebracht.

    Die Antworten Hesses entstammen der Gesamtausgabe seiner Werke.

    In "Demian" wird der Mensch als immer auf dem Weg, als unvollendet und vielgestaltig präsentiert. Wie steht ihr zu diesem Entwurf des Menschen?

    Hesse: Der Mensch ist nichts Festes und Fertiges, sondern etwas Werdendes, ein Versuch, eine Ahnung, eine Zukunft, Wurf der Natur nach neuen Formen und Möglichkeiten. Der Mensch ist ein Übergang, die schmale gefährliche Brücke zwischen Natur und Geist.

    Beichl: Ich stimme Herrn Hesse zu, ich stelle mir das Leben als ständige Suche vor, bei der man nie ankommen kann und auch nicht ankommen sollte. Man erfüllt „Ziele“ – oder auch nicht – und findet neue. Durch die Bewegung wird man lebendig. Wir werden in unserem Leben immer neue Identität finden und erfinden und es wird nie die „richtige“ geben – oder wenn doch, dann nur für einen Augenblick. Der Mensch hat keinen Kern. Man kann sich immer neu suchen und immer neu erschaffen.

    In "Demian" wird die Möglichkeit des Tötens in Kauf genommen, um sich zu befreien, um die Angst hinter sich zu lassen, um dem Neuen die Chance zu geben zur Entfaltung zu kommen. Kann es in einer Welt des Mordens überhaupt Frieden geben? Legitimiert der Friede die vorherige Gewalt?

    Hesse: Es gibt Frieden, gewiss, aber nicht einen der andauernd in uns wohnt und uns nicht mehr verlässt. Es gibt nur einen Frieden, der immer und immer wieder mit unablässigen Kämpfen erstritten wird und von Tag zu Tag erstritten werden muss.

    Beichl: Frieden erkämpfen zu müssen, erscheint mir nicht zielführend. Auf der anderen Seite verstehe, respektiere und bewundere ich teilweise auch Leute, die für ihre Standpunkte einstehen und kämpfen. Dieser Kampf ist wichtig. Ich bin mir aber sehr sicher, dass dieser Kampf mehr mit Worten als mit Gewalt stattfinden muss.

    "Demian" ist auch ein Roman über das Erwachsenwerden. Was macht diesen Lebensabschnitt so kompliziert?

    Beichl: Was das Erwachsenwerden so anstrengend machen könnte, ist die Frage, welche Dinge der vorherigen Generation man nachahmen will und gegen welche man sich stellen will. Welcher Mensch bin ich und welcher Mensch möchte ich sein? Wo fühle ich mich zugehörig? Zu welchen Menschen möchte ich Distanz aufbauen? Will ich so ein Leben führen, wie es meine Eltern für mich dachten oder möchte ich etwas ganz Anderes schaffen? Habe ich alle Möglichkeiten der Welt zur Verfügung? Und krönend die Frage: Was will ich überhaupt? Möchte ich eine heterosexuelle, monogame Beziehung führen wie es vielleicht meine Eltern tun oder andere Konzepte des Liebens kennenlernen? Möchte ich Arzt werden, um einen „sicheren“ Job zu haben oder möchte ich der Unsicherheit ins Auge sehen und etwas ganz Verrücktes machen? Und dann würde ich noch allen Jugendlichen raten: es ist wichtig sich diese Fragen zu stellen und gleichzeitig ist es wichtig, dass man die gar nicht alle beantworten können muss. Man kann auch erstmal Arzt werden und dann immer noch nach Australien ziehen und Schafe hüten. Entwicklung und Erwachsenwerden ist kein Wettbewerb.
    Ich bin ja selbst erst 25 Jahre alt, und ja klar, das Erwachsenwerden ist sehr kompliziert. Aber ich bin mir sicher, dass es immer wieder im Leben zu großen Fragen kommt und man das Gefühl hat, man muss nochmal „von vorne anfangen“. Den Gedanken, dass man irgendwann „erwachsen“ ist, angekommen ist, seine Welt fest zementiert hat, finde ich schrecklich. Ich denke, man sollte es sich in seiner Welt nicht zu komfortabel machen und sollte ständig dahingehen, wo es weh tut. Auch wenn es weh tut.

    Hesse: Auf dem Weg von der Jünglingszeit zum Mannesalter sind die beiden Hauptstufen: das Innewerden und Bewusstmachen des eigenen Ich, und dann die Einordnung dieses Ich in die Gemeinschaft. Jedes Leben ist ein Wagnis und das Gleichgewicht zwischen den persönlichen Gaben und Trieben und den sozialen Forderungen muss immer wieder neu gefunden werden. Es geht nie ohne Opfer, nie ohne Fehler. Und auch wir Alten und scheinbar Arrivierten und Gefestigten, stehen nicht über den Zweifeln und Fehlern, sondern mitten darin.

    Emil Sinclair stößt sich von der elterlichen Welt samt ihrer rigiden Religionsvorstellungen ab. Er ist fasziniert von Demians Gegenentwurf, der das Dunkle nicht verurteilt, sondern als Teil des Menschen anerkennt. Sein Religionskonzept integriert das vormals Teuflische. Wie haltet ihr es mit der Religion?
    Hesse: Ich halte es nicht für das Wichtigste welchen Glauben ein Mensch hat, sondern dass er überhaupt einen hat, dass er die Leidenschaft des Geistes kennt, dass er bereit ist, seinen Glauben, sein Gewissen zu verteidigen gegen die ganze Welt, gegen die Majorität und die Autorität. Ich habe nie ohne Religion gelebt und könnte keinen Tag ohne sie leben, aber ich bin mein Leben lang ohne Kirche ausgekommen.

    Beichl: Hier widerspreche ich Herrn Hesse ein bisschen. Ich lehne Kirche als Institution ab. Ich respektiere den Glauben anderer Menschen, denke aber nicht, dass ein Mensch an etwas glauben muss. Es ist schön, wenn man an sich selbst glauben kann, aber auch da gehören Selbstzweifel dazu. Ich bin selbst wie Sinclair fasziniert von einem Gegenentwurf, der das Dunkle nicht verurteilt. Ich denke an eine freie Welt ohne Moral und ohne Gewissen. Religion führt oft dazu, dass man Teile von sich ausklammern oder unterdrücken möchte. Ich glaube, dass man diese „verbotenen“ Phantasien auch pflegen und sie produktiv umwandeln kann. Wie das funktioniert, weiß ich nicht. Ich denke, dass Sinclair und Demian am Ende eine falsche Abzweigung wählen. Wenn jemand eine Antwort auf diese Frage weiß, kann er sie mir gerne mitteilen.

    "Demian" spielt vor dem Horizont des aufkommenden Ersten Weltkrieges. Heute befinden wir uns erneut in einer globalen Krisensituation. Ist in solchen Zusammenhängen persönliches Glück überhaupt möglich und wenn ja, ist es erlaubt? Hesse: Durch die Düsterkeit der Welt und ihre teuflische Bedrohung sollen wir uns nicht einschüchtern und verbittern lassen. Ob diese Welt morgen untergehe oder nicht ist nicht unsere Verantwortung. Wir müssen und wollen das, was uns an ihr noch erfreulich ist, und sei es nur der Himmel mit seinem zauberhaften Gewölk, so lang kosten und preisen, als wir da sind.

    Beichl: Es fällt mir oft schwer umzusetzen, aber ich denke, man sollte wegen globaler Krisen nicht sein persönliches Glück vergessen. Gerade habe ich wieder von einem Raketenstart Nordkoreas über Japan gelesen, und natürlich macht mich das traurig und wütend. Auf der anderen Seite: Liebeskummer kann oft viel größer sein als die Angst vor dem Untergang der Welt. Man sollte dennoch die globalen Entwicklungen nicht ignorieren à la „ich alleine kann eh nichts bewirken“. Ich bin mir sicher, dass der Einzelne, etwas bewirken kann. Die Welt so zu akzeptieren wie sie ist, kann ich leider und glücklicherweise nicht: ich bin nicht mit den Zuständen einverstanden. Es fällt mir sehr oft schwer daran zu glauben, dass es in der Zukunft eine „bessere“ Welt gibt. Wenn ich aber nicht mehr für diese bessere Welt kämpfen würde, dann könnte ich auch gleich begraben werden.

    Was macht für euch künstlerische Arbeit aus?

    Hesse: Der Künstler muss sämtliche Teile des Bildes, auch die noch gar nicht gemalten und sichtbaren, wirklich gegenwärtig haben und mitberücksichtigen, das vielmaschige Netz sich kreuzender Schwingungen zu empfinden. Das ist erstaunlich schwer und glückt selten. Dabei lässt sich mit Fleiß allein kein Kunstwerk machen. Dagegen unterscheidet gerade das den Dilettanten vom Künstler, dass der Dilettant meist mit dem ersten Einfall schon zufrieden ist, dass er das sprachliche, das rhythmische Durcharbeiten scheut. Ohne die Beteiligung des Verstandes, der Kritik der Selbstkritik würde jede Kritik sehr schnell verkommen. Wie denn auch jeder Dilettant denkt, „wie kommt es viel auf Worte, die Versmaße und all das an, wenn nur das Herz auf dem rechten Fleck sitzt“. Aber eben das genügt nicht.

    Herr Hesse, das klingt abstrakt. Klammern Sie ihre eigenen Empfindungen völlig aus?

    Hesse: Nein, manchmal wird der Schmerz beim Schreiben flüssig und fließt auch noch durch die holprigsten Trochäen ab.

    Beichl: Für mich ist künstlerische Arbeit notwendig für die Gesellschaft und in jedem Fall politisch. Aber wir können freier mit Themen umgehen als die „gewöhnliche Politik“, weil wir im Endeffekt Künstler sind. Das Theater ist so ein toller Ort: da treffen sich Menschen an einem Ort, um eine Geschichte zu erleben, ein Teil dieser Menschen erzählt die Geschichte, die anderen hören zu. Am Ende kann man mit neuen Gedanken nach Hause gehen und darüber sprechen. Das ist so simpel und genial.
    Meine eigenen Empfindungen möchte ich unbedingt in meine Arbeit einfließen lassen. Aber nicht nur die: sondern auch meine Neugierde an Menschen und der Welt, meine Phantasie, meine Sensibilität sowie Zorn und Kritik. Demian und Hesse: ich liebe die beiden. Gleichzeitig kämpfe ich mit ihnen und hoffe, dass dieser Kampf auf der Bühne sichtbar sein wird.

    Foto: Sinje Hasheider


  • In einer kalten Winternacht


     

    "Erwachsenwerden geschieht nicht durch Moral oder viele Worte“

    Der Regisseur Taki Papaconstantinou im Gespräch mit der Dramaturgin Nicole Dietz über "In einer kalten Winternacht".

    Dietz: Der englische Kindertheaterautor Charles Way hat „In einer kalten Winternacht“ inspiriert von einem isländischen Roman für Kinder geschrieben. Das Mädchen Smilla macht sich allein in der isländischen Weite auf den Weg, das verloren gegangene Schaf wiederzufinden und muss sich mit Naturgewalten auseinandersetzen. Was interessiert dich an der Geschichte und daran, sie für ein junges Publikum in Szene zu setzen?

    Papaconstantinou: „In einer kalten Winternacht“ erzählt eine Initiationsgeschichte von Mut, Bewährung, Solidarität und Selbstbehauptung. Ein lakonischer Humor durchzieht dieses Stück, das mit einem liebevollen Augenzwinkern auf die mystischen Naturgewalten schaut. Auch wenn es ein solches Island mit seltsamen Trollen, pupsenden Geysiren und einem egozentrischen Rentier nicht gibt, würde ich es mir auf alle Fälle wünschen.

    Dietz: Im Originaltext ist die Hauptfigur ein Junge, hier bei uns ein Mädchen. Worum geht es dir?

    Papaconstantinou: Der Junge, der in die Fußstapfen des Vaters treten soll, erhält durch die Besetzung mit einem Mädchen für mich eine höhere Brisanz. Das Traditionelle wird dadurch auf unaufgeregte Weise emanzipatorisch hinterfragt. Dies kann durchaus auch in der Gegenrichtung geschehen. Eine Mutterrolle als Variante mit einem Vater zu besetzen, ergibt oft auch spannende und erhellende Einsichten. Die Gegenbesetzung kann neue und interessante Blickwinkel schaffen.

    Dietz: Die Begegnung Smillas mit den Naturgewalten und dem Mystischen spielen eine wichtige Rolle. Was hat das mit Verantwortung und Erwachsenwerden zu tun?

    Papaconstantinou: Für mich ist dieses „Märchen“ in erster Linie eine Familiengeschichte, in der neben der Kernfamilie auch Hund, Schaf und mit den Trollen sogar die Natur Platz haben. Die Verantwortung für diese Familie wird dadurch umfassender, sie ist solidarisch und achtet die Umwelt. Das Erwachsenwerden heißt, sich dieser Verantwortung bewusst zu werden, in dieser Welt seinen Platz zu finden und zu behaupten.

    Dietz: Smilla lernt durch ihre Suche Verantwortung zu übernehmen und den Schritt ins Erwachsenwerden zu gehen. Die Eltern vertrauen ihrer Tochter, das ist etwas Beidseitiges.

    Papaconstantinou: Vertrauen beruht eben nicht nur auf vertrauten Erfahrungen, sondern auch auf dem Mut seine Nächsten loszulassen und nur dann aufzuhelfen, wenn sie auch tatsächlich fallen. Erwachsenwerden geschieht nicht durch Moral oder viele Worte. Es ist durchweg sinnlich, kämpferisch und ein Ringen mit sich selbst und damit, was man auf einer inneren und äußeren Reise erleben kann. Übrigens hört das Erwachsenwerden nicht mit dem Kindsein auf …

    Dietz: Was ist atmosphärisch besonders an der Geschichte zu inszenieren?

    Papaconstantinou: Die endlose Weite Islands, auch wenn es hier ein erfundenes Island ist, bedeutet in einem begrenzten Theatersaal eine besondere Herausforderung. Ich hatte daher für diese Inszenierung den Wunsch, mit einer Video-Projektion der Bühne die Weite und Variabilität zu geben, die auf einer Wanderung durch Island für mein Gefühl relevant wäre. Wie wir in der Zusammenarbeit mit der Ausstattung rasch gemerkt haben, dürfen diese wechselnden Landschaften nicht zu naturalistisch umgesetzt werden, um dem Stück nicht seine Fantasie und Verspieltheit zu nehmen. Mit den Mitteln der Animation versuchen wir alles zu verbinden und Smillas nicht ganz ungefährliche Reise durch den endlosen Schnee und den Kampf der Elemente zu verdichten. Auch bei der Live-Musik lehnen wir uns nicht allzu sehr einer isländischen Volksmusik an. Das Rentier spielt elektrische Gitarre. Es schafft einen selbst kreierten „isländischen“ Sound, der einen Einblick in die Gefühlswelt der knorrigen Protagonisten gibt, die ihre Emotionen lieber verbergen oder isländisch eruptiv ausleben.


  • Deine Helden - meine Träume


    Das Theater verkleidet sich als Realität

    Ein Gespräch mit der Regisseurin Isabel Osthues zum Klassenzimmerstück „Deine Helden – meine Träume“

    Die Hauptfigur Jonas Brandt rutscht in die rechte Szene. Warum passiert ihm das?

    Jonas Brandt verliert den Halt. Schon sehr früh in seiner Kindheit stirbt sein Vater. Die Mutter heiratet erneut, bekommt ein Kind und der Stiefvater ist gewalttätig. Im Boxverein lernt er Mo kennen, er gewinnt einen Freund. Das Boxen gibt ihm Selbstvertrauen. Er lernt soziale Umgangsformen, Gemeinschaft, für seine Ziele im Leben zu kämpfen. Zeitgleich lernt er den älteren Bruder von Jessica, dem Mädchen in das er verliebt ist, kennen und dieser Heiko verführt ihn mit Lob und Anerkennung. Jonas merkt nicht, dass Heiko ihn nur für seine rechte Partei ködert. Heikos Welt riecht nach Verbotenem, Abenteuer und gibt ihm das Gefühl, besser zu sein als alle anderen.

    Was sind für dich die zentralen Themen des Stücks? Und was macht seine Qualität in deinen Augen aus?

    Jonas und sein Freund Mo sind 15, werden 16. Und damit sind sie mitten in der Pubertät. „Deine Helden - Meine Träume“ zeigt wie labil Jugendliche in diesem Alter sind, schwankend, verführbar, orientierungshungrig; und damit ein gefundenes Fressen für Vorbilder, die Sicherheit und Gewinnerdenken versprechen. Dem Boxsport, der auf gegenseitigem Respekt und fairen Regeln beruht, stellt Karen Köhler in ihrem Text die Verführungskraft rechten Denkens gegenüber. Die Frage, die sie stellt, ist die, wofür es sich lohnt zu kämpfen? Und gibt die Antwort: Für echte Freundschaft. Und ein Gewissen, das funktioniert, ein Gewissen, das unterscheiden hilft, zwischen echten und falschen Freunden. Echte Freundschaft beruht auf gegenseitigem Respekt und zeigt sich im fairen Umgang miteinander. Niemand ist besser als der andere. Und jeder hat Respekt verdient. Gewalt kann niemals eine Lösung sein.

    Was erhoffst du dir davon, diese Geschichte im Klassenzimmer zu erzählen? Und was können die Schüler*innen erleben?

    Ein Klassenzimmerstück ist der Versuch, den Jugendlichen besonders nah zu kommen. Das Theater begegnet den Schüler*innen in deren Raum, es entsteht somit eine unmittelbare Nähe, ohne Berührungsangst. Das Theater verkleidet sich quasi als Realität. Diese erlebte Erzählung ist somit vergleichbar dem Peer-to-Peer-Lernen: Der Schauspieler lebt den Schüler*innen vor, welche Erfahrung er (angeblich) gemacht hat und kann so zum direkten Vorbild werden.

    Das Gespräch führte die Dramaturgin Stanislava Jevic.