All das Schöne 13+
„1. Eiscreme. 2. Wasserschlachten. 3. Länger aufbleiben als sonst und fernsehen.“
Was macht man als siebenjähriges Kind, wenn die eigene Mutter versucht, sich das Leben zu nehmen? Man schreibt ihr eine Liste mit all dem, was an der Welt schön ist. In diesem einzigartigen Monolog treten wir als Publikum in direkten Kontakt mit der Tochter, die uns von ihrem Leben erzählt und uns zu Mitspieler*innen ihrer Biografie werden lässt.
Ihre Kindheit ist nicht finster, Musik ist ein beständiger Begleiter, es wird Jazz gehört, auf dem Klavier in der Küche musiziert, gesungen; aber immer ist da die schwelende Depression der Mutter, erneute Versuche ihrerseits, sich das Leben zu nehmen. Ihr Vater vergräbt sich mit seinen Platten allein in seinem Zimmer, schottet sich ab.
Auch als Jugendliche macht sie mit der Liste weiter, schreibt neue Einträge, die die Mutter überzeugen sollen. „319. So heftig lachen, dass dir die Milch aus der Nase schießt. 517. Mit jemandem so vertraut sein, dass man ihn nachgucken lässt, ob man Brokkoli-Reste zwischen den Zähnen hat.“
Und irgendwann an der Uni lernt sie jemanden kennen, der ihre Liste seinerseits fortführt – dieses Mal für sie: „1003. Zum ersten Mal erleben, dass du jede Minute am Tag an jemanden denken musst, sodass du kaum mehr essen oder schlafen oder dich konzentrieren kannst, und er dir völlig vertraut vorkommt, obwohl du ihn erst seit ganz Kurzem kennst.“
Diesen Jemand heiratet sie. Es scheint alles gut zu werden. Doch die Angst, wie die eigene Mutter zu sein, bleibt. Und eine Liste mit allem, wofür es sich zu leben lohnt, hält niemanden auf, der sich entschlossen hat, seinem Leben ein Ende zu setzen.
„Weil wir, um in der Gegenwart zu leben, in der Lage sein müssen, uns eine Zukunft vorzustellen, die besser sein wird als die Vergangenheit.“
Der preisgekrönte Autor Duncan Macmillan entwirft mit seinem Text ein ganz besonderes theatrales Ereignis: Die Protagonistin integriert das Publikum auf subtile Art und Weise in ihre Lebensgeschichte, das Publikum wird zum Tierarzt, der ihren geliebten Hund einschläfert, zum überforderten Vater, der ihr versucht zu erklären, was mit ihrer Mutter nicht stimmt, zur ersten große Liebe, die sie an der Uni kennenlernt. Das Reden und Denken über den Tod führt letztlich zum Gegenteil: zu einem großen, feierlichen Plädoyer für das Leben und „all das Schöne“ in ihm.