Maria Magdalena
Meister Anton ist das Muster eines Kleinbürgers. Er hat eine ebenso tugendhafte Frau. Seine fügsame Tochter Klara ist im Begriff, sich mit dem beruflich aufstrebenden Leonhard zu verheiraten. Dass sie ihn nicht liebt, scheint dabei ohne Bedeutung. Nur Sohn Karl macht ihm Kummer: Er treibt sich herum und ist höher verschuldet, als die Familie ahnt. Auch weiß die Familie nicht, dass sich Klara in eine schwierige Situation gebracht hat: Um ihrem Verlobten zu beweisen, dass sie ihm treu ergeben ist, hat sie mit ihm geschlafen – und ist nun schwanger.
Als Karl beschuldigt wird, Juwelen gestohlen zu haben, brauen sich dunkle Wolken über dem bürgerlichen Haus zusammen. Die Mutter erleidet einen Schock und stirbt. Meister Anton droht Klara mit Selbstmord, falls auch sie Schande über die Familie bringen sollte. Als jedoch der berechnende Leonhard erfährt, dass Meister Anton die gesamte Mitgift Klaras verschenkt hat, sagt er sich von ihr los. Obwohl Klara Leonhard zutiefst verachtet und einen anderen liebt, will sie Leonhard zurückgewinnen, um die Familienehre nicht zu gefährden. Falls er sie nicht heiratet, sieht sie nur einen Ausweg: den Selbstmord.
Friedrich Hebbels Tragödie „Maria Magdalena“ zeigt, wie eine Familie an starren Moralvorstellungen und einem dogmatischen Weltbild zerbricht. Indem das Stück von der Enge und Begrenztheit erzählt, erzählt es gleichzeitig vom Wert der Freiheit. Die „enge“ Welt des Meister Anton tritt zu unserer „freien“ Welt in Kontrast und öffnet gleichzeitig den Blick auf ähnlich rigide „Parallelwelten“ unserer Gesellschaft.